Für die Kampagne „Armut hat viele Gesichter“ zeigen sich Tafel-Kund*innen / Mitarbeitende von Diakonie und Tafel aus der Region äußern sich zu den Hintergründen
KIRCHENKREIS (miu). Die Preise für Lebensmittel, Energie und Material steigen deutlich schneller als Sozialleistungen, Renten und Gehälter – seit Jahren schon. Mittlerweile sind 14,1 Millionen Menschen in Deutschland von Armut betroffen. Mehr als 2 Millionen von ihnen sogar so stark, dass sie auf Lebensmittelausgaben der Tafel angewiesen sind. Und es werden täglich mehr. Diese alarmierende deutschlandweite Entwicklung bestätigen auch Ralf Grey (Sprecher der Syker Tafel mit Ausgabestellen in Syke, Bruchhausen-Vilsen und Weyhe) und Marlis Winkler (Geschäftsführerin des Diakonischen Werks Diepholz-Syke-Hoya) für die Region.
Vor allem die wachsenden Energie- und Lebenshaltungskosten sorgen dafür, dass die bisher unsichtbare Dunkelziffer von Bedürftigen immer deutlicher sichtbar wird. „Viele Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind und sie aufgrund ihres niedrigen Einkommens auch von der Tafel bekommen könnten, haben sich lange Zeit aus Scham nicht getraut, zu uns zu kommen“, erklärt Ralf Grey. Inzwischen sei die Not in vielen Haushalten aber so groß geworden, dass es sich für die Betroffenen nicht mehr vermeiden ließe.
Auch die Anzahl der Kund*innen im Rentenalter habe sich bei der Lebensmittelausgabe im letzten Jahr verdoppelt. Tendenz weiterhin steigend.
„Armut in Deutschland hat viele Gründe. Krankheit, Niedriglohn-Jobs, Arbeitsplatzverlust, fehlende Kinderbetreuung oder Trennung sind nur einige davon“, betont Marlis Winkler.
Um zu verdeutlichen, dass Armut in den meisten Fällen kein Zeichen für individuelle Schuld, sondern ein strukturelles Problem ist, hat der Dachverband „Tafel Deutschland“ eine Kampagne gestaltet. Unter dem Titel „Armut hat viele Gesichter“ machen Menschen, die zur Tafel gehen, ihre vielschichtigen Geschichten sichtbar. Auf großflächigen Plakaten zeigen sie ihr Gesicht und erzählen von ihren Erfahrungen, Wünschen und Ängsten.
Der Fotograf Reiner Pfisterer bildet die Frauen und Männer auf Augenhöhe ab – selbstbestimmt, der Kamera zugewandt und fernab der Klischees, mit denen Armut häufig dargestellt wird.
Burkhard ist einer von ihnen. Er wurde krankheitsbedingt Frührentner und rutschte in die Armut. Ebenso wie Natalia, die mit ihren fünf kleinen Kindern vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet ist. Anja Mary, die ihre Eltern pflegt. Der 46-jährige Familienvater Marcel. Und eine Frau, die sich „L“ nennt und ihr Leben lang in Niedriglohn-Jobs gearbeitet hat, bis sie am Ende aus gesundheitlichen Gründen auf Bürgergeld angewiesen war, das vorne und hinten nicht reicht.
Zu den Hintergrund-Themen der fünf Menschen und wo sie ihnen in ihrer Arbeit begegnen, äußern sich ehren- und hauptamtlich Mitarbeitende der Tafel und des Diakonischen Werkes aus der Region: