Pastorin Marikje Smid und ihr Mann Johann verabschieden sich am 13. August aus Heiligenloh und Colnrade
COLNRADE-HEILIGENLOH (miu). Es ist eine kleine Randplauderei, die viel über das Wesen von Marikje Smid verrät. „Wie kam es, dass Sie Pastorin werden wollten?“, wird die 59-Jährige von ihrem Chef, dem Superintendenten des Kirchenkreises Syke-Hoya, gefragt. „Sind Sie in einer frommen Familie aufgewachsen?“, „Nein.“, antwortet Marikje Smid. „Fromm nicht. Kirchlich schon.“ Kurze Pause. Dann hakt ihr Gegenüber nach: „Was haben Ihre Eltern beruflich gemacht?“ „Mein Vater war Superintendent.“ Alle lachen, Marikje Smid lächelt. Sie hat das gar nicht als Witz gemeint.
„Meine Eltern haben das zusammengemacht – mein Vater war Pastor, meine Mutter hat mitgearbeitet. Die beiden waren immer eng verbunden mit der Gemeinde und allem, was dazugehörte. Das war prägend und auch für uns Kinder überzeugend: Mein jüngerer Bruder, meine Zwillingsschwester und ich sind alle Pastoren geworden.“
Am Sonntag, 13. August, endet die hauptberufliche Zeit für Marikje Smid. Um 15 Uhr wird sie in der Kirche in Heiligenloh vorzeitig in den Ruhestand verabschiedet. Es war eine persönliche Entscheidung: „Mein Mann ist jetzt 81 Jahre alt, und wir möchten noch gemeinsame Zeit auf unserem Hof in Okel verbringen“, sagt sie.
Geboren in Pogum (Landkreis Leer/Ostfriesland), studierte sie nach dem Abitur in Bethel, Heidelberg, Zürich und Göttingen. Im vierten Semester begann sie bereits mit ihrer Doktorarbeit – aber dass sie einen Doktortitel hat, erwähnt sie von sich aus nicht. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass sie von Eberhard Bethge, dem engsten Freund und Biograf Dietrich Bonhoeffers, gebeten wurde, eine Doppelbiografie zu schreiben („Hans von Dohnanyi und Christine Bonhoeffer – eine Ehe im Widerstand“ erschien 2002 im Gütersloher Verlagshaus) – darauf angesprochen, lenkt sie das Interesse sofort auf die Protagonisten und Inhalte. Nicht auf sich selbst.
Marikje Smid ist kein Mensch, der sich in den Mittelpunkt stellt. Obwohl sie dort als Pastorin oft steht. Sie hört zu, beobachtet und sagt sensibel, aber klar, was sie denkt. Im Gespräch lächelt sie viel – meistens leise in sich hinein, und oft in Zusammenhang mit einer Selbstkritik.
Zum Beispiel, wenn sie daran denkt, wie sie in den Kirchenkreis Syke kam: „Meine Zwillingsschwester arbeitete damals im Kirchenkreis Diepholz, und ich wollte so gerne auf eine freie Pfarrstelle direkt in ihrer Nähe. Aber im Probedienst wird man ja eingeteilt, und so kam ich nach Syke-Barrien. Ich war ganz unglücklich und wollte gar nicht dort anfangen.“ Sie lacht verschämt. „Aber kurze Zeit später wusste ich, warum ich nach Barrien kommen musste. Damit ich mein privates Glück finde. Ich lernte hier nämlich meinen Mann kennen – er war Landwirt in Okel, Posaunenchorleiter und im Kirchenvorstand. Witzig, dass alles einen Sinn zu haben scheint, wenn man zurückguckt…“
Nicht nur beruflich schlug Marikje Smid einen ähnlichen Weg ein wie ihr Vater, sondern auch persönlich und organisatorisch. Allerdings mit umkehrten Rollen: Sie und ihr Mann übernahmen das Pfarramt als Paar – sie als Pastorin, er als aktiver Pfarrmann im Haus und in der Gemeinde. Erst in Beverstedt, dann in Sottrum. Vor 13 Jahren kamen die beiden dann nach Heiligenloh – „und unser erster Eindruck war: Schön! Der Ort, der Laden, in dem man alles kaufen kann und viele trifft; die gemütliche Dorfkirche, das Pfarrhaus, das traumhafte Gelände drum herum… Mit dem Kirchenvorstand passte es sofort. Es war von Anfang an eine gute Gemeinschaft.“
Eineinhalb Jahre später kam die Gemeinde Colnrade dazu – zunächst als Vakanz-Vertretung. Und acht Kilometer weiter waren die Voraussetzungen ganz andere: „Die Kirche in Colnrade ist besonders schön. Eine richtige Halle – groß, hell und frei. Vorne hat man eine Bühne für Krippenspiele und Konzerte des Gospelchors. In den Raum passen 500 Leute.“
Auch in Colnrade entwickelten sich schnell Verbindungen mit den Vereinen, mit den Feuerwehren, den Schützen – „wir haben schöne Feste mit Gottesdiensten gefeiert“, blickt die Pastorin zurück.
Bald wurde Marikje Smid die Aufgabe übertragen, die beiden Gemeinden zusammenzuführen. „Was sicherlich nicht leicht war, ihr aber sehr sensibel, umsichtig und sehr erfolgreich gelang“, blickt Superintendent Dr. Jörn-Michael Schröder zurück.
Am 13. August verabschiedet sich das Ehepaar Smid-Hüneke nun mit schwerem Herzen. „Ich denke am liebsten an die tolle Gemeinschaft zurück, die wir im Kirchenvorstand, unter den Mitarbeitenden und mit den Gemeindemitgliedern in beiden Orten hatten. Und an das, was für mich das Schönste an diesem Beruf ist: Menschen zu begegnen, mit ihnen ihr Glück und ihre Freude zu teilen – zum Beispiel bei Hochzeiten und Taufen. Aber ich habe sie auch gerne in schwierigen Situationen begleitet – in der Trauer, beim Sterben…“
Johann Smid-Hüneke wird neben vielen liebgewonnenen Aufgaben und Wegbegleitern in den Gemeinden vor allem der Rückzug aus „seinem“ Posaunenchor in Colnrade schwerfallen, den er gegründet, leidenschaftlich geleitet und in dem er Musiker aus allen Generationen ausgebildet hat.
„Wir gehen wirklich nicht gerne weg“, resümiert Marikje Smid. „Aber es ist der richtige Zeitpunkt.“ Zunächst wollen die beiden sich um Hof und Garten in Syke-Okel kümmern. „Ich freue mich auch darauf, einige Dinge neu oder wieder zu lernen“, sagt Marikje Smid. „Ich habe zum Beispiel früher gerne gekocht und gebacken. Das hat in den letzten Jahren mein Mann komplett übernommen. Ich hoffe, ich habe es noch nicht ganz verlernt…“
Zurückzukehren in das Elternhaus ihres Mannes, darauf freuen sich beide – auf die Umgebung, die Menschen in Okel. Und genauso glücklich sind sie darüber, dass Colnrade und Heiligenloh voraussichtlich nicht lange pastorenlos sein werden. Marikje Smid kennt schon eine Interessentin – „und ich habe ein sehr, sehr gutes Gefühl“, verrät sie. „Ich denke, das passt.“
Termin: Verabschiedungsgottesdienst für Marikje Smid am Sonntag, 13. August, um15 Uhr in der Kirche in Heiligenloh, anschließend Empfang im Dorfgemeinschaftshaus und Pfarrgarten
Miriam Unger