Florian von Issendorff: vom „Pfarrmann, der den Garten macht“ zum hauptamtlichen Pastor / Einführung Sonntag in Bruchhausen
BRUCHHAUSEN-VILSEN (miu). „Laudato si, o-mi Signore! Laudatooo siii, ooo-mi Siiiignore! Lauuu-daaat-oo siii, oomiii Sinnnjooo-hor… Sei gepriesen – denn Du bist wuu-hunnn-derr-ba-harr, Herr!“ Wenn Florian von Issendorff diese Melodie hört, die sich zuckergussartig durch neun Strophen Lobgesang über „spielende Fische“, „singende Vögel“ und „Bilder der Liebe“ zieht, ist ihm das Unbehagen auch heute noch deutlich anzumerken. „Wenn ich an meine erste Berührung mit der Kirche denke, muss ich sagen: Aus dem Konfirmandenunterricht habe ich nicht viel in Erinnerung. Außer diesem furchtbaren Lied“, sagt der 32-Jährige und lacht. Das wäre vielleicht auch so geblieben. Aber zum Glück, wie die Kirchenmitglieder in Bruchhausen-Vilsen nun bald sagen können, kam die Teenagerzeit dazwischen. Und mit ihr naturgemäß das Hinterfragen und die Suche nach einem tieferen Sinn, einer anderen Wahrheit als der, die man bis dahin kennt. Das Ergebnis: Florian von Issendorff ist heute Theologe und wird am kommenden Sonntag, 12. Februar, als Pastor auf Lebenszeit ins Amt eingeführt – und in seine neue Gemeinde. Der Gottesdienst beginnt um 15 Uhr in der St.-Bartholomäus-Kirche in Bruchhausen.
Wie es nach seinem Erstkontakt mit dem „Laudato si“ überhaupt noch so weit kommen konnte? „Ich fing irgendwann nach der Konfirmation an, mir Fragen über Gott und die Kirche zu stellen“, erinnert sich Florian von Issendorff. „Ist da was dran? Hat der Glaube etwas mit meinem Leben zu tun? Ich stellte fest: Ja. Und kurz vorm Abitur beschloss ich dann, dass ich mehr darüber wissen wollte.“
Seine Familie habe sich schon gewundert, als er – in Wilhelmshaven geboren, in Oldenburg aufgewachsen – sein Theologie-Studium aufnahm und dafür nach Berlin, Tübingen und Bonn zog, bevor er ins Vikariat ging, um anschließend seine erste Stelle als „Pastor auf Probe“ in Dörverden-Westen anzutreten.
Das ist jetzt anders: „Meine Eltern sind wahnsinnig stolz und freuen sich über den Weg, den ich eingeschlagen habe“, erzählt Florian von Issendorff. „Beruflich, aber auch privat – ganz besonders natürlich, seitdem unsere Tochter Elise auf der Welt ist.“
Die Kleine war auch der Grund, warum er seine Gemeinde in Westen verlassen und in Bruchhausen-Vilsen arbeiten wollte: „Ein, zwei Stunden sind jeden Tag allein schon fürs Pendeln draufgegangen. Wenn ich nach Hause kam, konnte ich Elise im besten Fall noch ins Bett bringen. Abends hat meine Frau mir erzählt, was die Kleine am Tag wieder alles gelernt und gemacht hat. Ich wollte auch gerne mehr von Elise mitbekommen und sie begleiten.“ Seine Augen blitzen auf. „Und das geht jetzt.“
„Ich möchte mehr von unserer kleinen Tochter mitbekommen.“
Komplett neu ist seine zukünftige Gemeinde nicht für den 32-Jährigen. Denn er übernimmt die Stelle von seiner Frau Anja, die noch bis Mitte Juni in Elternzeit ist und danach als Kreisjugendpastorin auf Kirchenkreisebene arbeiten wird. Das Ehepaar wohnt seit 2014 im Brokser Pfarrhaus, Florian von Issendorff kennt die Menschen und die Wege. Er ist schon spontan in Krankheitsfällen eingesprungen und hat in der Brokser Kirche gepredigt. Er hat die Feste der Gemeinde mitgefeiert, Veranstaltungen im Ort besucht, war bereits in vielen Wohnzimmern, Küchen und Gärten in Bruchhausen-Vilsen – „aber bisher eben immer als Pfarrmann, der mit der Pastorin verheiratet ist und sich um den Garten kümmert“, sagt er.
Um gut in die neue Aufgabe als hauptamtlicher Ansprechpartner hineinzukommen, ist Florian von Issendorff derzeit auf „Vorstellungstour“ in der Gemeinde. Er besucht Kreise, Gruppen und Vereine, die Bestatter, geht ins Rathaus… Auch wenn er viele der Menschen schon kennt – „meine Rolle ist jetzt eine andere. Und ich möchte deutlich machen, dass ich nun für die Gemeindemitglieder zuständig und da bin.“
In Kontakt zu kommen und zu bleiben, die Menschen persönlich anzusprechen, sich regelmäßig zu melden und sich selbst und die Gemeinde vorzustellen – das möchte der Pastor auch nach seinen „Antrittsbesuchen“ gerne weiterhin machen. „Die Leute sollten nicht immer erst dann von der Kirche vor Ort etwas mitbekommen, wenn sie selbst einen Notfall haben oder wenn es um Spenden geht“, findet er. „Es ist wichtig, dass man auch in guten Zeiten zeigt, dass man sich für die Menschen interessiert und ihnen etwas anzubieten hat. Dass man die kirchliche Gemeinde und ihre Angebote in der Region wahrnehmbar macht. Das fängt nicht erst bei ganz großen Projekten an, die aufmerksam machen, sondern schon damit, dass man zum Beispiel auch jüngeren Leuten mal Glückwünsche zum 18. oder 30. Geburtstag schickt.“
Erst mal wolle er sich jetzt „alles angucken, alle kennenlernen und sehen, wo ich gebraucht werde“, meint der 32-Jährige. „Ganz besonders gespannt bin ich auf das Gottesdienstleben, das in Bruchhausen-Vilsen echt außergewöhnlich ist. Anderswo sitzen 20 Leute in den Bänken, hier ist der Gottesdienst immer sehr gut besucht und wirklich noch das Zentrum der Gemeinde. Es ist eine große Herausforderung, das am Leben zu erhalten, aber ich freue mich drauf.“
„Bruchhausen-Vilsen ist wunderschön.“
Und auch auf das Leben, das ständig-vor-Ort-Sein in Bruchhausen-Vilsen freue er sich: „Ich fahre unfassbar gerne Rad und werde viel mit dem Kinderwagen unterwegs sein“, ist er sich sicher. „Wo wir wohnen, ist es wirklich wunderschön. Nicht nur das Pfarrhaus, der Garten und das Schloss nebenan – ich bin ein großer Fan von dieser ehemaligen Moorlandschaft. Am Kanal, vorbei an den Schweineställen, Richtung Hoyaer Weide und Süstedt könnte ich endlos gehen. Aber auch den Vilser Ortskern finde ich sehr schön. Mir gefällt, dass es hier in der Region so viel kulturelles Leben gibt. Und eine wirklich gut durchmischte Gesellschaft – Alte, Junge, Alternative…“
Auf eine ebenso bunte, große, interessierte Gesellschaft freut sich das Ehepaar von Issendorff auch am kommenden Sonntag in der Kirche in Bruchhausen. Der Festgottesdienst zur Einführung beginnt um 15 Uhr. Und die Besucher dürfen schon mal getrost Wetten abschließen, welches Lied garantiert nicht im Programm stehen wird.
Miriam Unger