Pastoren-Paar Grohs verabschiedet sich am Sonntag in der Vilser Kirche - was lassen sie zurück, was nehmen sie mit? Ein Interview
Birgit und Cornelius Grohs verlassen Bruchhausen-Vilsen nach zwölf Jahren. Foto: Miriam Unger
BRUCHHAUSEN-VILSEN. Am kommenden Sonntag verabschiedet sich das Pastoren-Ehepaar Grohs von Bruchhausen-Vilsen. Der Gottesdienst beginnt um 15 Uhr in der Vilser St. Cyriakus-Kirche. Zwölf Jahre lang haben Birgit und Cornelius Grohs in der Gemeinde gelebt und gearbeitet. Für beide war es die erste Pfarrstelle. Wie war die Zeit? Was haben sie gelernt, was nehmen sie mit? Einige Fragen zum Abschied.
Erinnern Sie sich noch daran, wie Sie vor zwölf Jahren nach Bruchhausen-Vilsen kamen?
„Unser erster Eindruck war: „Was für ein hübscher Ort. Mit den schnuckeligen Gässchen und Fachwerkhäusern und der leicht hügeligen Landschaft. Hier kann man bestimmt gut leben.“
Auf- und anregend fanden wir auch, was wir von der Vilser Kirchengemeinde hörten, um die es zunächst einmal ja vor allem ging. Viel Energie, viele Ideen, viele engagierte Menschen.
Bei vielem konnten wir an das anknüpfen, was uns auch vorher schon wichtig war: Zum Glauben einzuladen, Ehrenamtliche zu stärken und Neues auszuprobieren. Gerade in den ersten Jahren haben wir uns fröhlich in die Arbeit gestürzt und uns gefreut über das, was in der Kirchengemeinde lebte und wuchs: Das Gottesdienstangebot „kreuzundquer“, die Glaubenskurse, die Kinderkirche „10vor10“, den Ausbau der „Dorfnachmittage“, das ehrenamtlich geleitete „Seniorencafé“…“
Was war die größte Herausforderung?
„Zunächst einmal: Eine Gemeinde vorzufinden, die in verschiedene Fraktionen gespalten war. Zu Beginn war es uns wichtig, Brücken zu bauen zwischen Menschen, die einander durch unterschiedliche geistliche Prägungen misstrauisch beäugten. Das hat eine Menge Kraft gekostet, und nicht alle konnten oder wollten diesen Weg mitgehen. Trotzdem ist hier an vielen Stellen ein neues Miteinander gewachsen.
Eine weitere Herausforderung war und ist das „verbundene Pfarramt“ der Kirchengemeinden Vilsen und Bruchhausen. Vorher hatten beide Gemeinden eher nebeneinander existiert, und nun sollte es auf einmal miteinander gehen. Hier hat sich eine Menge getan, aber es ist noch Luft nach oben.“
Wie verlassen Sie Bruchhausen-Vilsen jetzt?
„Mit ganz unterschiedlichen Gefühlen. Hier war unsere Heimat, hier haben wir mitgelebt und mitgearbeitet mit unseren ganz persönlichen Stärken und Schwächen. Wir sind damals zu zweit gekommen, inzwischen sind wir eine vierköpfige Familie. Unsere beiden Kinder haben hier fröhlich ihre ersten Lebensjahre verlebt. Es waren zwölf prall gefüllte Jahre, die uns stark geprägt haben, und auf die wir vor allem mit Dankbarkeit zurückschauen. Wir haben unterschiedliche Phasen erlebt und mitgestaltet: Aufbrüche, Krisen, Neuanfänge und sehr viele Veränderungen.“
Was war das Wichtigste, was Sie in dieser Zeit für Ihre Arbeit und fürs eigene Leben gelernt haben?
„Wir haben unsere Stärken und Schwächen besser kennengelernt. Und wir haben gemerkt: Gemeinde ist nie fertig, und auch wir sind es nie. Wir alle sind Baustellen der Gnade Gottes. Unfertig, unvollkommen, aber gerade so vollkommen geliebt.
Für uns persönlich war es auch wichtig zu lernen, was es bedeutet, nicht nur als Paar, sondern auch als ganze Familie mit diesem Beruf im Pfarramt zu leben. Unsere familiäre Situation hat auch unsere Arbeitsmöglichkeiten verändert. Wir mussten manches zurückfahren, Grenzen setzten – auch für uns selbst, um alles irgendwie unter einen Hut zu bekommen. Das war für uns und auch für die Kirchengemeinden nicht immer einfach. Es gab Konflikte, aber auch viele Menschen, die uns verstanden und in schwierigen Zeiten Mut gemacht haben.“
Wo gehen Sie nun hin? Und was machen Sie dort ganz genau?
Cornelius Grohs: „Ich werde nicht mehr Gemeindepastor sein, sondern mich auf gesamtkirchliche Aufgaben spezialisieren. Die Oldenburgische Landeskirche hat mich auf eine Pfarrstelle berufen, die sich mit zentralen kirchlichen Zukunftsaufgaben befasst: Die Ausbildung von Ehrenamtlichen für Gottesdienstleitung und Predigt – sogenannte „Lektoren“ und „Prädikanten“ – sowie die grundsätzliche Stärkung der Arbeit mit Ehrenamtlichen auf allen Ebenen der Landeskirche.
Wir werden nicht mehr in einem Pfarrhaus wohnen, sondern wie ganz normale Menschen in einer Neubausiedlung am Stadtrand von Oldenburg. Mein Büro ist im Evangelischen Bildungshaus in Rastede.
Da diese Stelle ganz neu eingerichtet wurde, hat man mir gesagt, dass ich sie auch „ein Stück selbst erfinden kann“. Darauf freue ich mich.
Birgit Grohs: „Ich werde zunächst einige Monate Elternzeit nehmen, bis wir als Familie im neuen Umfeld einigermaßen angekommen sind. Nebenher werde ich meine Weiterbildung zur Gemeindeberaterin und Organisationsentwicklerin fortführen. Dann hoffe ich, dass auch ich wieder als Pastorin neu einsteigen kann.“
Was würden Sie jemandem erzählen, der Ihr Nachfolger werden möchte, was ihn in Bruchhausen-Vilsen erwartet?
„Dass die beiden Kirchengemeinden etwas wirklich Besonderes sind – voller Leben, voller Dynamik, voller begabter, fröhlich-glaubender und engagierter Menschen. Aber auch durchaus komplex in Geschichte und Struktur und mit einigen Herausforderungen im Blick auf die Zukunft. Und dass es ein schöner Ort ist, an dem man sich sehr wohl fühlen kann.“
Miriam Unger