Pastoren-Familie Schmidt-Becker verlässt Seckenhausen nach sechs Jahren / Verabschiedung am Sonntag um 15 Uhr
SECKENHAUSEN. Die Kisten sind gepackt. Am Sonntag um 15 Uhr ist die offizielle Verabschiedung. Aber an den Wänden im Pfarrhaus hängen noch Bilder. Oder vielmehr: Plakate. Fußballplakate, Erinnerungen an bestimmte Spiele, Slogans oder große Stadion-Momente. Diese Kulisse braucht man aber eigentlich gar nicht, denn man muss sich nicht lange mit den Schmidt-Beckers unterhalten, um festzustellen: In dieser Familie spielt Fußball eine außergewöhnlich große Rolle. Und die Antwort von Holger Schmidt auf die Frage, welchen Gottesdienst-Moment er aus seinen sieben Jahren als Gemeindepastor in Seckenhausen am lebendigsten in Erinnerung behalten wird, verwundert wenig.
„Ein starker Profilpunkt dieser Gemeinde sind ja die ,Go!Sieben‘-Gottesdienste jeden ersten Freitag im Monat um 19 Uhr. Das ist eine moderne, andere Form von Gottesdienst, die inzwischen mit 150 Besuchern im Durchschnitt eine richtige Erfolgsgeschichte ist. ,Go!Sieben‘ ist ein Angebot für Leute, die nicht traditionell sonntags zur Kirche gehen, sondern eher kritisch und selten in der Kirche sichtbar sind. Die Themen werden nicht durch die Bibel gesetzt, sondern von einem Team entschieden. Und sie kommen meist mitten aus dem Leben. Bei diesem Gottesdienst, an den ich mich bestimmt mein Leben lang erinnern werde, war das Thema: ,Feuerwerk der Gefühle‘. Jeder sollte ein Gefühl darstellen. Und mein Part war ,Pure Lebensfreude‘.“ Holger Schmidt lacht. Er musste nicht lange überlegen: „Ich habe den Originalkommentar des Radiomoderators Herbert Zimmermann vom Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in Bern nachgesprochen und meiner ganzen Begeisterung freien Lauf gelassen. Und das ist so eingeschlagen, dass die Leute spontan in der Predigt geklatscht haben. Sowas habe ich vorher noch nie erlebt. Das werde ich immer mit dieser Kirche und dieser Gemeinde verbinden.“
Im Dezember 2008 war das Pastoren-Paar mit seinen beiden Söhnen Ole (heute 11 Jahre) und Sören (9 Jahre) nach Seckenhausen gekommen. „Genau zum 40-jährigen Jubiläum der Kirche“, erinnert sich Simone Schmidt-Becker. „Das ging gleich richtig los mit den ganzen Anekdoten aus der Gemeindegeschichte. Man war sofort mittendrin.“
Simone Schmidt-Becker und Holger Schmidt teilten sich die Pfarrstelle zunächst. „Aber das war nicht ganz einfach. Für die Gemeinde nicht, weil es nach außen ja so aussah, als wären zwei Pastoren immer gleichzeitig für alles zuständig. Und auch für uns als Familie war es unruhig. Im Pfarramt ist ja immer Bewegung, ständig klingelt es, wir waren beide viel unterwegs…“ Also übernahm Holger Schmidt die Stelle in Vollzeit, seine Frau blieb erst mal zu Hause bei den Jungs. „Ich habe eine Fortbildung zur Berufsschulpastorin gemacht und wollte gerne in diesem Bereich wieder aussteigen“, sagt Simone Schmidt-Becker. Aber eine passende Tätigkeit als Theologin in der Nähe fand sich nicht.
Darum nun der Wechsel. Die Familie zieht nach Nordhorn an der niederländischen Grenze. Am 6. September wird Holger Schmidt seine neue Pfarrstelle in der Martin-Luther-Gemeinde im Nordhorner Stadtteil Blanke antreten.
„Wir freuen uns auf die neue Herausforderung, aber der Abschied fällt uns schon schwer“, räumt der 43-Jährige ein. „Wir waren gerne in Seckenhausen. Es ist ein schöner Ort zum Leben. Wir haben hier viele tolle Menschen kennengelernt, die wir hier zurücklassen müssen.“
Die Kinder haben in der Schule und Nachbarschaft viele Freundschaften geschlossen. Und sie werden Gonzo, den Nachbarshund vermissen, der immer die Kirchenglocken anheult und „mitbetet“.
„Mir werden besonders zwei Höhepunkte der Arbeit hier fehlen“, meint Simone Schmidt-Becker: „Das Krippenspiel mit den Grundschülern, das jedes Jahr so überfüllt war, dass wir zwei Gottesdienste anbieten mussten. Und auch die Taufen im Steller See waren ein Highlight. Die Täuflinge sind in Badehose ins Wasser gegangen, ich im Talar. Solche ungewöhnlichen, flippen Sachen haben immer am meisten Spaß gemacht.“ Und noch was. Natürlich. „Ich spiele ja auch Fußball“, Simone Schmidt-Becker lacht, „in der Alte-Damen-Mannschaft der TSG Seckenhausen. Und meine Ü-40-Mädels vermisse ich jetzt schon. Ich hoffe, dass ich in Nordhorn auch eine Mannschaft finde. Und das erste Spiel steht schon mal fest: gegen Seckenhausen!“
Obwohl die beiden Gemeinden zwei Stunden Autofahrt trennt, wird die Familie oft und regelmäßig in der Gegend sein. „Ich bin ja aktiv im christlichen Fanclub ,Totale Offensive‘. Und meine Dauerkarte für Werder Bremen behalte ich natürlich“, sagt Holger Schmidt. „Ich habe auch schon eine Fahrgemeinschaft organisiert mit Mitgliedern aus der Kirchengemeinde in Nordhorn, die auch Werderfans sind.“
Ole und Sören Schmidt müssen also nicht befürchten, dass ihre Freunde in Seckenhausen sie vergessen. Sie werden die beiden spätestens alle zwei Wochen wiedersehen. Zumindest in der Saison.
Miriam Unger