Tabea Rösler wird am 6. April 2015 als neue Pastorin in Heiligenrode eingeführt
HEILIGENRODE. Am Ostermontag wird Dr. Tabea Rösler in Heiligenrode als neue Pastorin ins Amt eingeführt. Eine Unbekannte ist sie aber nicht. Die 41-Jährige war während ihres Vikariats schon in Stuhr tätig. Und Heiligenrode, erzählt sie, habe ihr und ihrem Mann damals bereits gefallen. Warum, erzählt sie im Interview.
Frau Rösler, ganz ehrlich: Was haben Sie gedacht, als Sie zum allerersten Mal durch Heiligenrode fuhren? Wäre Ihnen damals schon in den Sinn gekommen, dass Sie hier eines Tages mal hinziehen und leben würden?
„2008 war ich Vikarin in der benachbarten Kirchengemeinde Stuhr-Varrel, und sowohl die alljährliche Fahrrad-Rallye am Familientag als auch so manche Taufe, Hochzeit oder Beerdigung führten in die alte Klosterkirche. Und schon damals sagten mein Mann und ich: ,Hier würden wir gerne leben!‘ Wir empfanden Heiligenrode von Anfang an als einen liebenswerten Lebens- und Arbeitsort. Dass dann sechs Jahre später, am Ende meines Probedienstes, diese schöne Pfarrstelle auch tatsächlich frei wurde und wir nun hier leben und arbeiten können, ist für uns ein Geschenk.“
Was gefällt Ihnen hier so gut?
„An der Kirchengemeinde fasziniert mich die Mischung aus Tradition und Moderne. Der Spagat zwischen einer 800-jährigen kirchlichen Tradition, einer ländlich-traditionell geprägten Ortschaft und der Aufgabe, gerade auch junge Menschen mit ihren modernen Wertvorstellungen für den Glauben an Gott zu begeistern.
Auch die Zusammenarbeit mit dem Kirchenvorstand, mit meinem Kollegen Marc Heinemeyer und den anderen Mitarbeiterinnen habe ich immer als vertrauensvoll erlebt. An einem Strang in dieselbe Richtung zu ziehen, ist wichtig für die tägliche Arbeit. So lassen sich auch Differenzen besser tragen und als kreatives Potential verstehen. Das gemeinsam Erreichte trägt dann tiefer und weiter. Ich denke, das ist in Heiligenrode gegeben. Und Gemeindevorsitz und Geschäftsführung sind für mich neue Aufgaben, die meinen Horizont über die bisherigen Bereiche des Probedienstes hinaus weiten. Ich bin gespannt und bereit für das Neue.“
War Ihr Mann denn auch so spontan bereit fürs Neue?
„Uns war natürlich wichtig, dass wir eine Kirchengemeinde finden, in der wir uns auch als Familie wohlfühlen können. Da mein Mann in Stuhr-Moordeich als Lehrer an der Lise-Meitner-Schule arbeitet, sind seine Arbeitswege nun sehr kurz, was der ganzen Familie zugute kommt. Zudem bin ich ja in Brake geboren, daher wohnt ein Großteil unserer Familie in der Nähe - in Stuhr und Delmenhorst. Und mein jüngerer Bruder ist Pfarrer in der Kirchengemeinde Sandstedt, unweit von Bremen.“
Wie sind Sie Pastorin geworden?
„Mein Vater war Pastor in Nordenham-Atens. Sein Beruf faszinierte mich von klein auf. Die christliche Lebenshaltung, wie meine Eltern sie uns vorlebten, prägte meine Geschwister und mich. Als ich 12 Jahre alt war, verunglückte mein Vater als Beifahrer bei einem Verkehrsunfall. Freud und Leid, Leben und Tod bilden eine Einheit. Der Glaube an Gott und der Zusammenhalt meiner Familie haben mir immer viel Kraft gegeben. Und Freude, das Leben anzupacken, Wichtiges voranzubringen und auch andere für eine positive Lebenshaltung zu begeistern. Die Kirche war stets mein ,zweites Zuhause‘. Diese Erfahrung wollte ich gerne an Kinder und Jugendliche weitergeben. So dass ich nach der Konfirmation mit meiner Nachbarin und einer Freundin zwei christliche Pfadfindergruppen für Kinder ins Leben rief und leitete. Auch in der Jugendarbeit unserer Kirchengemeinde war ich lange aktiv. Insgesamt kann ich sagen, dass mein Wunsch, Pastorin zu werden, in der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit begründet ist. Im Studium prägte mich auch mein Auslandsvikariat in Südfrankreich. Die hugenottische Kirche Frankreichs ist materiell arm, aber reich an Glaubenskraft und missionarischem Geist. Wer sein Herz ,über die Hürde wirft‘, kann auch andere für die christliche Lebenshaltung begeistern, selbst Fernstehende. Während der Zeit der Doktorarbeit studierte und forschte ich zwei Jahre lang am Princeton Theological Seminary, unweit von New York. In Princeton waren alle christlichen Konfessionen und Glaubenshaltungen national wie international vertreten. Die Erfahrung, gemeinsam Gottesdienst zu feiern, weil Gott uns alle willkommen heißt, war hier prägend.“
Was wären Sie wohl jetzt, wenn Sie nicht Theologie studiert hätten?
„Neben der Theologie studierte ich Philosophie und (im Ergänzungsstudiengang) Betriebswirtschaftslehre. Das Philosophiestudium benötigte ich für meine Doktorarbeit über den deutsch-amerikanischen Kulturtheologen Paul Tillich. In der Betriebswirtschaftslehre lag mein Schwerpunkt auf dem Bereich der Personalführung, denn ich hatte schon damals das Pfarramt immer mit im Blick. Ich liebe meinen Beruf. Eine andere Berufswahl kam für mich nie ernsthaft in Betracht.“
Haben Sie einen bestimmten Schwerpunkt als Pastorin?
„Mein Herz schlägt für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, zum Beispiel in der Kinderkirche oder Konfirmandenarbeit. Da ich geprüfte C-Kirchenmusikerin bin, habe ich in meiner vorherigen Kirchengemeinde Edewecht-Süddorf eine Jugendband gegründet und Konfirmandenprojekte gemeinsam mit unserem Gospelchor organisiert. Die Besuchsdienstarbeit sowie die Ausbildung von Ehrenamtlichen unterschiedlichen Alters sind mir sehr wichtig. Außerdem Themen wie ,Fundraising‘ und ,Gemeindekirchenspende‘, also überhaupt die Öffentlichkeitsarbeit und -wirkung unserer Kirchengemeinde.“
Was möchten Sie in der neuen Gemeinde weiterführen, und was wollen Sie neu installieren?
„Gemeindeaufbau heißt das zentrale Thema meiner Pfarramtsführung. Insofern will ich mir in Heiligenrode erst einmal Zeit nehmen, die Kirchengemeinde mit all ihren Schätzen kennenzulernen. Die 800-jährige Tradition unserer Klosterkirche mit ihrer Kunst, Kultur und Musik gilt es weiter zu hegen und zu pflegen. Zugleich möchte ich die Arbeit der Kinderkirche intensivieren. Für den 8. Mai haben wir bereits ein Kinderkirchen-Fest rund um die Klosterkirche geplant. In der Kinderkirche kommen Kinder, junge Familien, Konfirmanden und Jugendliche, die als Teamer mitarbeiten, zusammen. Insofern ist sie ein zentrales Feld im Gemeindeaufbau.“
Gibt es irgendetwas, das Sie gewundert hat, als Sie in diese Gemeinde kamen?
„Ja - das Pfarrhaus. Meine Familie und ich fühlen uns wie in einem Palast. Wir sind von Ehrfurcht und Freude erfüllt. Dass wir in unserem Haus und Garten den Klosterbach und die alte Heiligenroder Wassermühle rauschen hören, fasziniert uns sehr. Ein echter Wohlfühlort.“
Wo werden die Heiligenroder Sie in Ihrer Freizeit außerhalb des Pfarrgartens und der Kirche am häufigsten sehen?
„In der Eisdiele. Und auf dem Spielplatz beim Schaukeln und Fußballspielen mit unserem dreijährigen Sohn Elia. Ich bin gerne draußen an der frischen Luft und bewege mich. Joggen und Radfahren mag ich besonders. Ich verreise auch gern und arbeite mit Menschen aus anderen Kulturkreisen zusammen. Fremde Sprachen und Kulturen interessieren mich.
Ansonsten gehören Singen und Musik zu meinen Hobbys. Auf den nächsten Auftritt des Heiligenroder Gospelchores ,Chorisma‘ und des Posaunenchors freue ich mich schon besonders!“
Miriam Unger 31.03.2015