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Frühjahrsempfang am Freitag

Nachricht Syke, 10. Februar 2013
Superintendent Dr. Jörn-Michael Schröder
Superintendent Dr. Jörn-Michael Schröder übergab als Dankeschön an Werderfan Martin Wrasmann eine Vereinsschal. Foto: Gunnar Schulz-Achelis

"Die herkömmliche Kirchengemeinde wird nicht Plattform künftiger Entwicklung sein. Wir haben alle Möglichkeiten dieser Welt, den gesellschaftlichen Raum zu gestalten". Mit solchen Thesen überraschte der katholische Theologe Martin Wrasmann, stellvertretender Leiter des Seelsorgeamtes im Bistum Hildesheim, seine 90 Zuhörer aus Kirche, Politik und Gesellschaft beim Frühjahrsempfang 2013 des evangelischen Kirchenkreises Syke-Hoya am Freitag in Syke. "Land in Sicht, wohin führt der demographische Wandel unseren ländlichen Raum" war das Thema seines Vortrages, der bei Bürgermeistern, Pastoren und Kirchenvorstehern der ländlichen Gemeinden der Region auf großes Interesse stieß.

Angesichts von Mitgliederverlust und dem Rückzug von Geschäften, Banken und anderer Infrastruktur stelle sich die Frage für Kirchen und Kommunen gleichermaßen: "Wie kann man gutes Leben in kleinen Ortschaften ermöglichen?", so der Gastgeber, Superintendent Dr. Jörn-Michael Schröder zum Auftakt.

Wrasmann berichtete, dass seine Pfarrei in Gifhorn vom Nachbarpfarrer mitversorgt werde – ein Geistlicher für 30.000 Katholiken. "Wir als katholische Kirche haben das Land verloren". Mose als erster Sozialraumforscher habe seine Kundschafter ins gelobte Land geschickt. Wrasmanns Bischof sandte eine Arbeitsgruppe zu anderen Kirchen in Frankreich, Österreich, Südafrika, London und Chicago. Nach einer abschließenden einwöchigen Klausur zeigte sich: Überall, wo die Würde der Taufe wiederentdeckt wurde, gab es Innovation.

Einerseits gebe es in der Kirche Milieuverengung, fruchtlose Gottesdienste und den Verlust von Ehrenamtlichen, so Wrasmann weiter. Zudem verschwänden viele Selbstverständlichkeiten. Andererseits zeige sich eine große religiöse Sehnsucht, etwa in vielen Popmusikstücken der vergangenen zwei Jahre.  Für die Kirche gehe es um einen Paradigmenwechsel "vom Christentum des Erbes hin zu Christentum aus Berufung". Statt formalisierter Liturgie müsse man in Gottesdiensten zu gelebte Kommunion der Verschiedenheit kommen, sie zu Orten kommunizierter Gotteserfahrung machen und auf Fragen antworten, die die Menschen bewegen, zum Beispiel zu den Themen Demenz und Kinderarmut.

Im Handlungskonzept der Landesregierung zum demographischen Wandel kämen die Kirche nicht vor, aber ihre Themen wie Armut, Migration, Hospiz. Es gelte die Gesellschaft mit christlichen Werten zu durchfärben. Kirchengemeinden im ländlichen Raum könnten Netzwerke aufbauen und stärken, mit örtlichen Akteuren Denkwerkstätten organisieren und auch Ort politischer Diskurse sein. "Wir können das hohe Pfund der Theologie einzubringen", so der Theologe.

"Wir verstecken uns oft in Aufgaben, wo wir immer nur wiederholen und verlieren dabei das Ehrenamt" so Wrasmann. Weg von Aufgabenorientierung hin zur Gabenorientierung, sei gefragt. Der Prototyp einer Ehrenamtlichen sei zwischen 30 und 40 Jahre alt, Mutter von zwei Kindern und berufstätig. "Als Allrounder gehen sie in die Projekte". In der Kirche müsse man sie an Entscheidungen beteiligen. Im Sinne eines Priestertums aller Gläubigen sei in 30 Pfarrgemeinden seines Bistums die Gemeindeleitung durch Ehrenamtliche übernommen worden. "Durch diese Entprofessionalisierung entsteht mitunter mehr Leben als zu den Zeiten, als noch der Pastor da war. Solche Ehrenamtlichen können auf dem Hintergrund ihrer Entscheidung für Christus das Leben der Pfarrgemeinde prägen."

Der stellvertretende Landrat Ulf Schmidt hatte zuvor in seinem Grußwort gelobt, wie gut, erfolgreich und kooperativ die Zusammenarbeit zwischen den beiden Kirchenkreisen Syke-Hoya und Grafschaft Diepholz und dem Landkreis sei. Superintendent Schröder machte Veränderungen im Kirchenkreis an vier neu eingestellten Frauen deutlich: Kreiskantorin Friederike Spangenberg, nun mit ganzer Stelle Kirchenkreisjugendwartin Tanja Giesecke, die pädagogische Leiterin des neuen KiTa-Verbandes Birgit Greve und ab 1. März die neue Geschäftsführerin der Diakonischen Werke im Landkreis Marlis Winkler, eine "der anerkannten Fachfrauen in der Landeskirche", so Schröder.

Gunnar Schulz-Achelis