„Am ersten Ferientag so früh aufzustehen, das war schon hart“ sagt Frauke Siemers, 15 Jahre alt, am Ende ihres einwöchigen Praktikums im Kindergarten „Mützelzipf“ in Mellinghausen. Aber es hat sich gelohnt! Sie hat mit den 2- bis 6-jährigen Kindern einen turbulenten Geschwistertag erlebt und war überrascht wie gesund die Kinder sich ernähren. Süßigkeiten und süße Getränke sind tabu.
„Szenenwechsel“ nennt sich die Idee aus dem Landesjugendpfarramt der evangelischen Landeskirche Hannovers. Frauke ist eine von sechs freiwilligen Praktikantinnen in sozialen Einrichtungen, die in ihren Osterferien statt zu faulenzen oder spät aufzustehen sich eine Woche engagiert– und viel gelernt haben.
Die Praktikantinnen kommen aus dem 10. Jahrgang des Gymnasiums in Bruchhausen-Vilsen. Ihr Lehrer Walter Bellingrodt hat dieses Angebot zusammen mit der Diakoniepastorin Dagmar Brusermann entwickelt. Jugendliche sollen fremde Lebenswelten in sozialen Einrichtungen hautnah kennen lernen.
Auch Maren Döhrmann, 16 Jahre, machte in der Kinderkrippe „Nestlinge“ in Uenzen ähnliche Erfahrungen wie Frauke und erlebte, wie gut kleine Kinder ganz ohne Spielzeug miteinander spielen können. Femke Hollwedel und Marie Ohlhoff, beide 15 Jahre, waren im „Westflügel“ in Syke. In der ehemaligen Jugendherberge ist eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft für psychisch beeinträchtigte Menschen untergebracht. Femke hat in der ersten Ferien-Woche in der Papierwerkstatt mitgearbeitet und so nebenbei viele Gespräche geführt. Marie hat erlebt, wie mühsam es für manche Menschen sein kann, einen Arbeitstag durchzustehen. „Manche Leute mussten immer wieder ermutigt werden.“ Die jungen Frauen berichten, dass sie einen großen Respekt vor den psychischen Krankheiten bekommen haben. Im integrativen Kindergarten der Lebenshilfe in Barrien hat Annika Henneke, 16 Jahre, die 3- bis 6-jährigen „Waldknirpse“ betreut. Behinderte Kinder konnte sie auf den ersten Blick nicht von den anderen unterscheiden, denn sie sind hier wirklich akzeptiert. Dass mancher aber einen besonderen Förderbedarf beispielsweise in der Sprachentwicklung hatte, konnte sie in dieser Woche lernen und auch wie viel Geduld man braucht im Umgang mit den Kleinen.
„Es habe sich gelohnt“ war die übereinstimmende Meinung der Freiwilligen im Rückblick. Gute Einblicke in soziale Berufe haben sie bekommen und sie haben Menschen mit großem Engagement kennen gelernt. „Sie können diese Praktikumswoche weiterempfehlen – trotz Ferien!“ sagten sie beim Auswertungsgespräch Pastorin Brusermann. Zum Abschluss bekamen sie von Bellingroth ein Zertifikat für diesen ungewöhnlichen sozialen Einsatz.
Gunnar Schulz-Achelis