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Hiesige Pastoren in Brüssel und Brügge

Nachricht Syke, Hoya, 04. September 2010
Pastoren und Diakone in Brügge
Die Pastoren und Diakone unter Leitung von Superintendent Dr. Jörn-Michael Schröder (3. von links hinten) vor dem Belfried aus dem 13. Jahrhundert in Brügge bei ihrer Studienreise in Belgien. Foto: Gunnar Schulz-Achelis

„Einheit in Vielfalt“. Diesen Slogan der evangelischen Kirche hat die europäische Union für sich übernommen – diese und manches mehr bewirkt das Kontaktbüro der nichtkatholischen Kirchen in Europa in Brüssel. Mit dem Direktor, dem deutschen Theologen Rüdiger Noll, sprachen 19 Pastoren und 2 Diakone aus dem Kirchenkreis Syke-Hoya bei ihrer 4-tägigen Studienreise nach Brüssel in der letzten Woche. Die hiesigen Theologen erfuhren zudem viel über die evangelische Minderheiten-Kirche in Belgien.

Das Kontaktbüro der Konferenz europäischer Kirchen in Brüssel versteht sich als anwaltschaftliches Büro für bestimmte Themen, wie Menschenrechte, Bioethik, Bildung, Sonntagsschutz und nicht nur als schlichte Interessenvertretung seiner 125 Mitgliedskirchen. Denn 22.000 Interessenvertreter in Brüssel leisten dort Lobbyarbeit bei Parlament, Rat und Verwaltung, wie die staunenden Pastoren erfuhren. Sie trafen auch das katholische Pendant, mit dem die Evangelischen in Brüssel eng zusammenarbeiten. Der hiesige Europaparlamentsabgeordnete Burkhard Balz meinte bei einem Treffen: „Es gibt kein Land, das von der EU so profitiert wie Deutschland“. Denn die deutschen Unternehmen nutzen vor allem den freien Binnenmarkt und damit fließen auch wieder Steuern in Deutschland. Weil die Abgeordneten nicht eine Regierung stützen müssen, arbeite man im Europaparlament ähnlich eng mit Parlamentariern anderer Parteien zusammen wie in kommunalen Gemeinderäten, so Balz. Auf die Frage nach einem EU-Beitritt der Türkei meint er, dass dies Land auf vielen Gebieten sehr weit entfernt sein, es aber eine reelle Beitrittsperspektive geben müsse. Noll hatte zuvor gesagt, dass für die evangelischen Kirchen aus Religionsgründen nichts gegen einen Beitritt spräche, es aber an der Einhaltung der Menschenrechte hapere, die die EU selbst fordere.

Die Pastoren und Diakone besuchten auch die deutschsprachige Gemeinde in Brüssel, die aus früheren deutschen Kriegsgefangenen und vor allem jungen Mitarbeitern von Wirtschaftsunternehmen und Beamten und ihren Familien besteht und deren Mitglieder laufend wechseln.

Der Präses der vereinigten belgischen Kirche Dr. Guy Liagre berichtete, dass er jeden Sonntag auf einer anderen Kanzel und mal in französisch, mal in holländisch, mal in deutsch predigt. Er leite mit 1 Prozent der Bevölkerung eine Minderheitenkirche, die zudem durch wachsende Pfingstkirchen unter Druck komme. Die Stimmung im Land sei eher antiklerikal und die Konfessionszugehörigkeit gilt als absolute Privatsache. Volker Brandt, deutschstämmiger Pastor in der belgischen Kirche, berichtete von der Seelsorge unter sozial abgestiegenen evangelischen Christen in seiner Gemeinde in Wallonien. Pfarrer bekämen 1200 Euro Grundgehalt – und zwar vom Staat. Viele seien auf ihre besser verdienenden Ehepartner angewiesen.

Superintendent Dr. Jörn-Michael Schröder zeigte sich beeindruckt von der evangelischen belgischen Kirche. „Das Wirken des Heiligen Geistes hängt offenkundig nicht von der Größe der Kirche ab“ meinte er bilanzierend. Dem Vorbereitungskreis unter seiner Leitung lag an dem Besuch einer Kirche, die mit wenig Ressourcen ein facettenreiches geistlichen Leben hat. Davon könne man auch hierzulande lernen.

Die Pastoren und Diakone wurden zudem durch die Stadt Brüssel und die mittelalterliche Stadt Brügge geführt – und mancher konnte nicht an den zahlreichen Schokoladen- und Pralinengeschäften vorbeigehen.

Gunnar Schulz-Achelis