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Frühjahrsempfang

Nachricht Syke, 13. März 2010
Superintendent Dr. Jörn-Michael Schröder
Der neue Superintendent Dr. Jörn-Michael Schröder (rechts) begrüßte über 90 Gäste aus Politik, Gesellschaft und Kirche beim Frühjahrsempfang des Kirchenkreises. Foto: Gunnar Schulz-Achelis

„Ist nun auch die Kirche der um sich greifenden Spaßgesellschaft verfallen?“ fragte Superintendent Dr. Jörn Michael Schröder zum Auftakt des diesjährigen Frühjahrsempfanges des evangelischen Kirchenkreises Syke-Hoya am Freitag in Syke.

Den über 90 Gästen aus Politik, Gesellschaft und Kirche in der Region bot Pastor Matthias Schlicht im Anschluss nämlich Kirchenkabarett vom Feinsten und sie entließen ihn und sich erst nach einer Zugabe ans Buffet.

Bei aller Hochschätzung für den Spaß wies Schröder bei seinem ersten Jahresempfang als Gastgeber auch auf Ambivalenzen der Spaßgesellschaft hin. So solle gerade in den neuen Industrien mit hierarchiefreier Lockerheit Kreativität freigesetzt werden. Dem stehe aber zugleich eine starke Verdichtung der Arbeitsbelastung gegenüber. Spaß diene in unserer Gesellschaft eben auch dazu, dass Mitarbeitende „möglichst gut erholt und um so leistungsfähiger in die Zwänge der Leistungsgesellschaft zurück kehren“.

Zu unterscheiden seien Zerstreuung, die kein Nachdenken brauche und nicht im Handeln münde und Unterhaltung. Letztere habe verwandelnde Kraft, zum Beispiel in einem guten Film. Auch eine gute Predigt verschiebe beim Zuhörer seine Perspektive ein Stück. „Humor und Predigt inszenieren unsere geheimnisvolle Nähe und Distanz zu unserem Leben“, so Schröder weiter. Durch sie gewinne man Abstand zu sich selbst und andere Möglichkeiten scheinen auf. Glaube und Humor seien daher entscheidende Ressourcen in den Umstrukturierungsprozessen, in denen Kirchen und Kommunen stehen. Sie seien Gottes Vorboten des glücklichen Ausgangs.

Kreisrätin Inge Human lobte das Engagement der Kirchenleute, in der Jugendhilfe, beim Schülerhilfsfonds und in vielen anderen Bereichen. „Dies Engagement kann der reichste Sozialstaat nicht ersetzen“, so die erste Kreisrätin weiter. Der Landkreis Diepholz habe im Engagement-Atlas einen Wert über 50 Prozent, während der bundesweite Durchschnitt bei einem Drittel liege. „Humor ist ein guter Stoßdämpfer, wenn es im Leben kracht“ meinte Human und leitete damit zum Kirchenkabarett über mit Pastor Matthias Schlicht aus Clausthal-Zellerfeld.

In Texten und Liedern sezierte Schlicht die Zustände in Kirche und Gesellschaft mit scharfer Zunge: Er kaufe alle Weihnachtsgeschenke innerhalb von 30 Minuten bei Tchibo. Sogar Bibeln könne man dort gelegentlich erstehen. Die in „gerechter Sprache“ sei deutlich dicker, weil dort, wo früher nur ein Mann stand, nun Mann und Frau genannt werden. Weil sie so dick sei, eigne sie sich gut als Unterlage für den Diaprojektor; man spare das Gesangbuch als Unterlage. Das Problem seien eher die Geschenke, die man bekommt, etwa von Tante Elsbeth aus Bremerhaven, die immer noch Zartbitter-Ingwer-Schokolade vom 1974 geschlossenen Sparmarkt verschenke. Ganze Zeitalter seien nach Geschenken benannt: In der Steinzeit bekam Papa eine Steinkeule, in der Bronzezeit einen Brieföffner, in der Eisenzeit Schwerter „für Geschäftsreisen“.

Gerne schwelgte Schlicht mit seinem Publikum in Erinnerungen, etwa als seine Familie in den 70er Jahre das erste Telefon in Grün bekam, das mit „Samtbrokat-Condom“ überzogen wurde „damit es sich nicht so schnell abnutzt“. Genüsslich berichtete er von einem Trau-Gottesdienst, in dem bei der Braut das Handy „in dem Säckchen“ klingelte und sie mühsam ihre langen Handschuhe ausziehen musste, um es auszuschalten. Zur Melodie des Reinhard-Mey-Songs „Über den Wolken“ sang Schlicht ein Predigtlied: „Über den Leuten muss das Predigen grenzenlos sein ....“.  Strophe 2 begann dann mit „Ich hör mir so gerne zu ....“. Wiedererkennungseffekte gab es bei den anwesenden Kirchenvorstehern und Kirchenkreistagsabgeordneten, als er von seiner Mutter sang: „Mama ist jetzt im Ehrenamt - und wir sind finanziell abgebrannt.“

Der unterhaltsame Frühabend klang in regen Gesprächen der Gäste aus.

Gunnar Schulz-Achelis